Präsentieren mit Mindmaps?

Prak­tisch jede aktu­el­le Mind­map­ping-Software​1 bie­tet so etwas wie einen „Prä­sen­ta­ti­ons­mo­dus“ oder zumin­dest einen Power­Point-Export – was liegt näher, als die mög­li­cher­wei­se zur Vor­trags­vor­be­rei­tung erstell­te Mind­map auch gleich als Prä­sen­ta­ti­on zu nut­zen! Mei­nes Erach­tens ist das aller­dings alles ande­re als eine gute Idee; Mind­maps erschei­nen mir als „Prä­sen­ta­ti­ons-Ersatz“ weit­ge­hend ungeeignet:

  • Zweck einer Prä­sen­ta­ti­on ist es, den gespro­chen-sprach­li­chen Vor­trag des Refe­ren­ten zu unter­stüt­zen. Spra­che ist nun ein­mal streng sequen­zi­ell, das Refe­rat eine Sequenz von Lau­ten, die Wör­ter, Sät­ze und schließ­lich eine Sequenz vom Aus­sa­gen – Argu­men­ten – bil­den (vgl. hier). Mind­maps hin­ge­gen sind baum­för­mig, bil­den eine mono­hier­ar­chi­sche Taxo­no­mie (vgl. hier). Die­se Mind­maps imma­nen­te Struk­tur mag viel­leicht dem einen oder ande­ren beim Sam­meln und Sor­tie­ren der Inhal­te für den Vor­trag hel­fen, dabei, die Inhal­te in eine sinn­vol­le und wirk­sam linea­re Abfol­ge gleich­sam zu pres­sen (der wohl schwie­rigs­te Teil der Vor­trags­vor­be­rei­tung), unter­stützt die­se Struk­tur aller­dings natur­ge­mäß kaum – und die Sequenz anschlie­ßend durch das Prä­sen­tie­ren eines Baums kla­rer machen zu wol­len, erscheint mir gera­de­zu absurd.
  • Neben­bei bemerkt behin­dert schon das Pres­sen in eine Baum­struk­tur m. E. das kla­re und freie Den­ken (vgl. hier). Die Argu­men­te in eine linea­re Sequenz zu brin­gen, ist eine zwin­gen­de Not­wen­dig­keit (anders kann ich nicht spre­chen); sie zuvor in eine Baum­struk­tur zu pres­sen, ist m. E. eine völ­lig unnö­ti­ge Beschrän­kung des (visu­el­len) Den­kens. Zu glau­ben, die­se Struk­tur sei näher an Marc Prenz­kys „hyper­text brains“​2 der „digi­tal nati­ves“ und des­we­gen bspw. für „den Schü­ler von heu­te“ beson­ders geeig­net, ist m. E. übri­gens eben­falls sehr frag­wür­dig: Ganz abge­se­hen davon, dass mir die Hypo­the­se der „hyper­text brains“ wenig gesi­chert erscheint, sind Bäu­me kei­ne (Hypertext‑)​Netze – im Gegen­teil, das Baum­för­mi­ge ist eine radi­ka­le Reduk­ti­on wirk­lich ver­netz­ten Denkens.
  • Dazu kommt: Ist eine Mind­map wirk­lich das, was ihr Name sagt – ein qua­si „kar­to­gra­phi­sches“ Abbild mei­nes natur­ge­mäß extrem indi­vi­du­el­len Den­kens – ist sie zur Ver­mitt­lung des Denkergeb­nis­ses zwangs­läu­fig unge­eig­net (vgl. hier). Sicher­lich ist es das Ziel eines Vor­trags, das Publi­kum an den Gedan­ken des Refe­ren­ten teil­ha­ben zu las­sen – ob es dabei hilf­reich ist, auch an sei­nem Den­ken, qua­si an der Ver­fer­ti­gung der Gedan­ken, teil­zu­ha­ben, ist m. E. mehr als fraglich.Präsentieren mit Mindmaps - anderer Menschen Bäume im Kopf
  • Prak­tisch ver­läuft das Prä­sen­tie­ren von Mind­maps ähn­lich einem Pre­zi: Es wird vom „Gro­ßen Gan­zen“ ins Detail – in die­sem Fall in die Äste des Baums – „gezoomt“. Was mir an Pre­zis pro­ble­ma­tisch erscheint, dürf­te also auch für das Prä­sen­tie­ren von Mind­maps gel­ten: Es fehlt an Abs­trak­ti­on, die Details wer­den nur ver­klei­nert, nicht (um in der Meta­pher der Kar­te zu blei­ben) gene­ra­li­siert (vgl. hier).

Eine Mind­map zu prä­sen­tie­ren, mag „mal etwas Ande­res“, gar „Neu­es“ sein. Mei­nes Erach­tens gilt jedoch für Prä­sen­ta­ti­ons-Metho­den und ‑Para­dig­men, was ich schon im Zusam­men­hang mit Prä­sen­ta­ti­ons-Werk­zeu­gen behaup­te­te: „Wir brau­chen m. E. kei­ne alter­na­ti­ven Werk­zeu­ge, son­dern inno­va­ti­ves Prä­sen­tie­ren, inno­va­ti­ves Refe­rie­ren – und das kann man nicht ein­fach kau­fen und schnell mal eben instal­lie­ren, son­dern sich nur krea­tiv erar­bei­ten und müh­sam ler­nen und üben.“ (vgl. hier).

Fuß­no­ten:

  1.  Dies ist die vom Duden für das Deut­sche emp­foh­le­ne Schreib­wei­se (vgl. <http://​www​.duden​.de/​r​e​c​h​t​s​c​h​r​e​i​b​u​ng/Mindmap>); „Mind-Map“ ist zwar mög­lich, jedoch nicht emp­foh­len. Im Bri­tish Eng­lish scheint „Mind Map“ vor­herr­schend zu sein. Eini­ge Schreib­wei­sen des Begriffs sind unter ande­rem in Deutsch­land ein ein­ge­tra­ge­nes Warenzeichen.
  2.  <http://www.marcprensky.com/writing/Prensky%20-%20Digital%20Natives,%20Digital%20Immigrants%20-%20Part2.pdf> (19.02.2017).

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