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Illustration und Dekoration

Tim Themann

Ein einen Text oder einen Vor­trag illus­trie­ren­des Bild wirkt mit dem sprach­li­chen Inhalt zusam­men; das Visu­el­le ergänzt das Tex­tu­el­le zu einem Gesamt­werk, idea­ler­wei­se ist das Gan­ze i. S. Aris­to­te­les‘ mehr (lies: wirk­sa­mer) als die Sum­me sei­ner Tei­le. Vor­aus­set­zung dafür ist, dass das Bild zum Text nicht nur in einem locke­ren inhalt­li­chen Zusam­men­hang steht, son­dern ihn (auf ande­re, nicht-sprach­li­che Wei­se) erläu­tert oder inhalt­lich ergänzt​1″.

Alles ande­re ist Deko­ra­ti­on. 

Nun lässt sich über Geschmack bekannt­lich nicht strei­ten – wor­über sich aber dis­ku­tie­ren lässt, ist die Wirk­sam­keit des Kom­mu­ni­ka­ti­onsdesigns. Aus­ge­hend vom Wirk­sam­keits-Kri­te­ri­um ist klar: Alles, was Ver­ständ­nis und Erin­nern der Inhal­te för­dert, ist gut und sinn­voll – und alles, was ablen­ken könn­te oder „nur Platz kos­tet“, ist eher stö­rend als hilf­reich. Vie­les, womit bei­spiels­wei­se (wie in dem ein­gangs erwähn­ten Tweet) Arti­kel auf Nach­rich­ten­web­sites deko­riert sind, ist also nicht nur wir­kungs­los und nimmt (in Zei­ten mobi­ler End­ge­rä­te oft sehr knap­pen) Platz weg, son­dern hat zumin­dest das Poten­ti­al, abzu­len­ken – und spä­tes­tens, wenn das Bild in der Bild­un­ter­schrift als „Sinn­bild“ gekenn­zeich­net ist, ist klar: Das Bild erfüllt kei­nen inhalt­li­chen Zweck, son­dern muss­te dem Text hin­zu­ge­fügt wer­den – sei es, weil das Lay­out oder der Geschmack des Chef­re­dak­teurs dies vor­ga­ben oder ein­fach nur, „weil man das so macht“. Und so klafft Bern­ward Wem­bers Ton- bzw. Text-Bild-Sche­re weit auf – selbst, falls es nicht zu einer „Über­las­tung“ des Rezi­pi­en­ten kommt: Wirk­sam ist eine sol­che Text-Bild-Kom­bi­na­ti­on keinesfalls.

Ver­gleich­ba­res lässt sich im Fal­le von (PowerPoint‑)Präsentationen beob­ach­ten: Als sei auf jeder Folie ein Bild qua­si vor­ge­schrie­ben, wird oft sog. „Clip­art“ mehr oder min­der pas­send über die eigent­lich schon fer­tig­ge­stell­te Prä­sen­ta­ti­on gestreut (vgl. hier) – im bes­ten Fall eine halb­wegs pas­sen­de Deko­ra­ti­on, aber nur sel­ten eine hilf­rei­che Illus­tra­ti­on. Die eigent­li­chen (Vortrags‑)Inhalte dro­hen unwei­ger­lich im „Sumpf schlech­ter Orna­men­tie­rung“ gleich­sam zu versinken.

Auf­grund der Annah­me, das Visu­el­le sei per se gut, fra­gen sich vie­le Men­schen nach Erstel­len eines Tex­tes oder einer Folie, wie denn der Inhalt noch visu­ell qua­si „gewürzt“ wer­den könn­te. Ich hal­te das für gefähr­lich: Nicht alles muss visu­ell ergänzt wer­den – und in den nahe­lie­gen­den Fäl­len drängt sich die Visua­li­sie­rungs-Idee meist förm­lich auf. Gera­de im Fal­le von Prä­sen­ta­ti­ons­fo­li­en soll­te man m. E. oft­mals inne­hal­ten und sich fra­gen: Deko­rie­re oder illus­trie­re ich gera­de? Und falls ich deko­rie­re: Muss das sein oder könn­te es stören?

Nun ist natür­lich nicht jede Deko­ra­ti­on stö­rend und die gefäl­li­ge Gestal­tung eines Doku­ments kann sicher­lich ähn­lich einem schön ange­rich­te­ten Essen den Appe­tit noch stei­gern oder den Text­kon­sum durch opti­sche Glie­de­rung (wie poten­ti­ell im Fal­le einer Initia­le oder einer Vignet­te) ver­ein­fa­chen. Den­noch – für das Deko­rie­ren gilt sicher­lich „weni­ger ist mehr“. Das Wich­tigs­te ist m. E. aber, Illus­tra­ti­on und Deko­ra­ti­on nicht zu ver­wech­seln – denn vor allem dadurch ent­steht nach mei­nem Ein­druck schnell „zu viel des Guten“.

Foot­no­tes:

  1.  Wie bei­spiels­wei­se die bei­den Wör­ter­buch­aus­zü­ge, die die­sen Text qua­si um eine ety­mo­lo­gi­sche „Anmer­kung“ ergänzen.
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