Moderiere ich eine Sammlungs-Phase in einem Workshop, versuche ich immer, einen explizit visualisierten und für alle sichtbaren „Ideen-Parkplatz“ („Themenspeicher“) einzurichten1 – ein Flipchart, eine Moderationswand oder vielleicht auch nur eine Ecke eines Whiteboards, in der alles „geparkt“ wird, was nach mehr oder minder einhelliger Meinung der Beteiligten nicht wirklich zur gerade zu bearbeitenden Fragestellung gehört.
- Derjenige, der das nunmehr geparkte Thema aufgebracht hat, fühlt sich weniger übergangen und mit seinem Anliegen wahrgenommen – obwohl es vorerst aus dem weiteren Prozess ausgeschlossen wurde. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein einzelner Teilnehmer den weiteren Verlauf des Gruppenprozesses womöglich kontinuierlich „stört“, um sein manchmal sehr spezielles Anliegen anzubringen, sinkt dadurch deutlich; selbst ein fanatisch verfolgtes ceterum censeo kann seine Wirkung kaum noch entfalten.
Karthago wäre wohl nie zerstört worden, hätte man Cato auf diese Weise „ruhigstellen“ können.
Ohne jetzt den Dritten Punischen Krieg politisch oder moralisch bewerten zu wollen: So sollte es natürlich nicht enden, der „Ideen-Parkplatz“ sollte nicht dazu dienen, Themen „wegzumoderieren“. Ich versuche möglichst immer, zum Abschluss eines Workshops (oder des jeweiligen Workshop-Tages) gemeinsam mit den Teilnehmern alle Punkte auf dem Parkplatz durchzugehen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Mindestens aber sollte alles, was auf diesem „Parkplatz“ landet, im Protokoll dokumentiert werden. Anders formuliert: Ein Parkplatz ist kein Schrottplatz – und sollte auch nicht durch bloßes Vergessen dazu werden. Gerade, wenn man eher sehr stringent moderiert: Der „Ideen-Parkplatz“ kann zuverlässig verhindern, dass man aus Versehen Wichtiges auf dem Altar der (Workshop‑)Struktur opfert.
- Der „Ideen-Parkplatz“ bzw. der Umgang damit dient mir auch oft als Warnsignal: Gibt es beharrlichen Widerstand womöglich mehrerer Teilnehmer dagegen, dass etwas „geparkt“ wird, habe ich meist etwas nicht verstanden oder es fehlt insgesamt an gemeinsamem Verständnis – Verständnis der jeweiligen Idee, Verständnis vom Zusammenhang der Idee mit dem Thema oder gar Verständnis vom Thema selbst. Hat man dieses Problem erkannt und gelöst, sollte man natürlich tunlichst gemeinsam den „Parkplatz“ überprüfen – möglicherweise sind da bereits Themen „geparkt“, die dort gar nicht hingehören.
Es gibt wohl kaum ein Werkzeug, das mir in der Workshop-Moderation schon so häufig gute Dienste geleistet hat wie der „Ideen-Parkplatz“ – und das oft genug sowohl, um die Struktur zu bewahren oder gar zu retten, als auch, um Gutes und Wichtiges vor der versehentlichen „Verschrottung“ zu retten.
Footnotes:
- ↑ Zur eigentlichen Visualisierung vgl. bspw. „Inspiration im Schilderwald“.