Gaskins gehört zu den Menschen, die kontinuierlich Aufzeichnungen anfertigen2 – und diese ebenso wie viele weitere Unterlagen vor allem auch aufzubewahren. Anders als viele andere autobiographisch gehaltene Werke basiert Gaskins‘ Buch dementsprechend nicht auf im Laufe der Jahre mehr oder minder verklärten Erinnerungen, sondern auf einem großen Fundus bisher weitgehend unzugänglicher Primärquellen3. „Sweating Bullets“ ist nicht zuletzt dank dieser Quellen die fundierteste und umfangreichste Monographie zur Geschichte von PowerPoint, aber auch zur Geschichte des Präsentierens an sich. Vorträge mit dem Tageslicht-4 oder gar Dia-Projektor mag der eine oder andere Leser schon gar nicht mehr erlebt haben – umso interessanter ist es jedoch, über diese Zeit zu lesen und vor allem eine Vorstellung davon zu gewinnen, wie sich die Paradigmen dieser Präsentationsmethoden in der Funktionalität von PowerPoint bis heute wiederfinden.
Über das Kernthema „PowerPoint“ hinaus bietet das Buch einen (teilweise sehr persönlich gehaltenen) Einblick in die Arbeit bei einem Startup Ende der Achtzigerjahre, vor allem aber auch über die Arbeit mit und später bei Microsoft in dieser Zeit: Zum Zeitpunkt der Übernahme von Forethought durch Microsoft (übrigens die erste relevante Firmenübernahme in der Geschichte von Microsoft5) waren die ersten Versionen von Microsoft Windows in den Startlöchern; der Wandel vom rein textbasierten MS-DOS zu graphischen Benutzeroberflächen war im vollen Gange. PowerPoint als die erste Anwendung, die Grafik wirklich voraussetzte, war hier die Rolle der treibenden Kraft zugedacht – entsprechend eng war Gaskins‘ Zusammenarbeit mit der damaligen Führungsriege von Microsoft und insbesondere Bill Gates. Gaskins teilt seine persönlichen Erinnerungen an diese Zeit bereitwillig – und entführt den Leser so auf eine hochinteressante Zeitreise.
Gaskins‘ sehr persönlicher Stolz auf PowerPoint und auf seinen Beitrag dazu prägt große Teile des Werkes – ein Umstand, der natürlich auch durch das notwendigerweise sehr häufige „sich selbst zitieren“ verursacht ist. Vor dem Hintergrund des ohne Zweifel gewaltigen kulturellen Einflusses, den PowerPoint als das Werk Gaskins‘ und seiner Mitstreiter verursacht hat, erscheint dies jedoch mehr als nur verzeihlich. Ich habe „Sweating Bullets“ praktisch „am Stück verschlungen“.
Ergänzend zu Gaskins‘ Ausführungen existiert übrigens auch eine (deutlich kürzere) Darstellung gerade der (Software‑)Entwicklungsgeschichte von PowerPoint selbst aus Sicht von Dennis Austin (dem maßgeblichen Entwickler der ersten Version) – „Beginning of PowerPoint: A Personal Technical Story“, zu finden im Archiv des Computer History Museum unter <http://www.computerhistory.org/collections/catalog/102745695>.
Footnotes:
- ↑ Der Name des späteren PowerPoints bis kurz vor der Veröffentlichung der ersten Release.
- ↑ Eine Marotte, die ich übrigens nur allzu gut verstehen kann.
- ↑ Die sich übrigens größtenteils auf seiner Website unter <http://www.robertgaskins.com/powerpoint-history/> oder aber auch unter <http://www.gbuwizards.com/> finden.
- ↑ Zum Thema „Overhead-“ oder auch „Tageslichtprojektor“ bzw. „Polylux“ vgl. „Eine Ode an den Polylux“.
- ↑ Zur Geschichte von Microsoft gibt es u. a. eine umfangreiche Serie auf „Channel 9“.