– eine Frage, die wohl jeder Präsentierende schon einmal gehört hat. Ich fühle mich meist nicht wohl dabei, die Präsentation einfach so zu verschicken – selbst als vermeintlich „sichere“ PDF. Mein Unwohlsein liegt dabei weniger darin begründet, dass ich nicht möchte, dass jemand womöglich „meine Folien klaut“, das Problem ist vielmehr: Ich finde es einfach geradezu sinnlos. Meine Folien enthalten nur selten mehr als Fotos oder Diagramme; falls überhaupt Text zum Einsatz kommt, dann meist nur einzelne Wörter. Text auf Folien trägt einfach wenig zur Unterstützung des gesprochenen Vortrags bei (vgl. hier); es gilt, was Nicole Gugger (<http://www.nicolegugger.de>) vor einiger Zeit auf Twitter so prägnant zusammenfasste: „Eine PowerPoint die als Handout taugt ist eine miese Präsentation. Immer. Ohne Ausnahme“.
Eine hochgradig visuelle Präsentation mit wenig Text ist ohne „Tonspur“ geradezu unverständlich – und bei der Vorstellung, dass jemand versucht, diesen „nackten“ Folien ohne meine referierende Begleitung einen Sinn zu geben, fühle ich mich alles andere als wohl. Selbst Stummfilme hatten meist erläuternde Zwischentitel – und im Gegensatz zu meinen auf die Begleitung meines Vortrags abgestimmten Folien eine auf das „Stumme“ abgestimmte Dramaturgie und Bildsprache.
Dennoch: Ich werde immer wieder nach den Folien gefragt. Mein Zögern, diese bereitwillig herauszurücken, wird oft geradezu als Affront betrachtet – trotz meines damit verbundenen Hinweises auf den fehlenden Inhalt, auf die fehlende Tonspur. Präsentationsdateien werden allenthalben als maximal komprimiertes quasi geronnenes Wissen betrachtet; sie im Anschluss an den Vortrag als Download anzubieten oder per E‑Mail zu verteilen, ist fast schon obligatorisch – und sie dem Zuhörer quasi nachträglich vorzuenthalten, ist geradezu ein Fauxpas, wird wahrgenommen, als wolle man dem Publikum quasi nachträglich sein Wissen verheimlichen. Dass man zuvor auf der Tonspur bereitwillig sein gesamtes Wissen darzulegen versucht und damit womöglich sogar begeistert hat, ist häufig in genau dem Moment vergessen, in dem man mit der Präsentationsdatei so wenig freigiebig ist.
Nun könnte man diesen Affront vermeiden, indem man sich die Arbeit macht, ein dediziertes Handout (vgl. hier) vorzubereiten. Oftmals fehlt dafür aber schlicht die Zeit – und selbst, sofern die Zeit vorhanden wäre, überleben sich die Inhalte des Vortrages gerade im IT-Bereich so schnell, dass diese (Zeit‑)Investition wohlüberlegt sein möchte. Kurz: Es gibt häufig kein Handout – und die Folien möchte man meist aus gutem Grund nicht isoliert verteilen. Es bleibt also nur, „Nein“ zu sagen.
Einfach mal „Nein“ sagen …
… kostet vielleicht Überwindung – Überwindung angesichts des schmeichelhaften Interesses des Publikums, Überwindung aber auch wegen des drohenden Affronts –, bietet jedoch auch Chancen. Die Folien nicht einfach „ ‚rausrücken“ zu wollen, ist ein wunderbarer Gesprächsanlass:
- Zu erfragen, wozu die Folien benötigt werden, kann ein Gespräch zum (Informations‑)bedarf des Gegenübers einleiten – und womöglich in einer Einladung zu einem Gastvortrag oder einem (Beratungs‑)Auftrag enden.
- Zu begründen, warum man so restriktiv mit den Folien umgeht, ermöglicht den Wechsel auf die Meta-Ebene der Präsentation, ist ein möglicher Einstieg in ein Gespräch über Präsentationsstil und Foliengestaltung – ein Gespräch, das ich oft und gern führe.
Das vermeintlich abweisende „Nein“ wird so zum Gewinn für beide Seiten – und hat mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Wirkung entfaltet, als es eine per Mail verteilte Präsentations-Datei jemals hätte!
Wenn die „Slides“ als Handout sinnlos sind, liegt das dann daran, dass sie überhaupt nichts transportieren? Dann sollte man den Mut haben, ganz auf darauf zu verzichten. Einige der besten Vorträge, die ich auf Konferenzen gehört habe, kamen ganz ohne aus.*
Ansonsten dürfte es den meisten Zuhörern schwer fallen, den Inhalt einer Präsentation allein vom Zuhören halbwegs vollständig zu verinnerlichen. Mitschreiben ist Käse. Mehr als zwei drei Highlights erinnern wird auch schwierig. Also braucht es Gedächtnisanker. Dazu können die Bilder dienen. Auch ohne Tonspur ist das dann mehr als nichts.
)* Dazu gab’s aber hinterher i.d.R. den Vortrag oder ein inhaltlich korrespondierendes Papier.
In der Tat – sehr gute Referenten erzeugen die Bilder in den Köpfen des Publikums; auch ich habe schon tolle Vorträge ohne jede visuelle Unterstützung erlebt. Dennoch helfen Bilder als Unterstützung des gesprochenen Wortes m. E. (vgl. https://die-computermaler.de/text-und-bild-ein-tolles-paar/) – gerade dem Durchschnitts-Referenten. Da sie nur Unterstützung sind, stehen sie aber nicht „für sich“ – und ersetzen kein Handout. Ob sie „für sich“ als Anker dienen können, hängt wohl vom Einzelfall ab – die Wahrscheinlichkeit für Fehlinterpretationen erscheint mir ohne „Tonspur“ groß.
Dann bleibt die Frage: Wenn die Zeit für ein gescheites Handout fehlt)*, was ist dann besser: Erinnerungsstütze oder gar nichts? Wäre es dann nicht konsequent zu sagen: „Wenn ohne Tonspur die Gefahr der Fehlinterpretation besteht, wäre es dann nicht besser, den Vortrag gar nicht erst zu halten?“ Wohl auch nicht.
Die Frage, die dahinter steht, ist doch: Wie kann ich die Teilnehmer an der Veranstaltung bei der späteren Aufbereitung des Themas unterstützen – und was ist zu beachten, wenn die „Folien“ ein Eigenleben entwickeln? Das wäre aber ein Gedanke, der sich schon bei der Planung der Präsentation und der Gestaltung der „Folien“ einfließen könnte. Oder?
Genau das würde ich nicht empfehlen: Die Ziele, wirksame Unterstützung für den Vortrag zu sein und andererseits später als Gedächtnisstütze zu dienen, sind m. E. nur schwer unter einen Hut zu bringen.
Abolute Zustimmung! Powerpoint als Handout sollte sinnlos sein, außer man hält seine Rezipienten für minderbemittelt (:
In der aktuellen Berichterastattung bezeichnet man das oben Beschriebene beim Schneiden einer Nachricht als „Text-/Bildschere“. Je mehr Off-Text und Bilder sich ergänzen, desto höher die durch den (gewillten) Rezipienten aufgenommene Informationsdichte. Das bedeutet natürlich im Umkehrschluss nicht, dass möglichst viel gesprochene Information und kurz geschnitte Bilder für mehr langanhaltende Information beim Zuschauer/Hörer sorgen. Hier ist dann das Können des Vortragenden gefragt, für das richtige Verhältnis zu sorgen.