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Animationen und Folienübergänge – „buntes Gezappel“ oder wirksames Stilmittel?

Tim Themann

Die wenigs­ten Men­schen nut­zen die fort­ge­schrit­te­ne­ren Mög­lich­kei­ten von Word und Excel. Bei Power­Point scheint mir das völ­lig anders zu sein: Auch noch die ver­steck­tes­te Mög­lich­keit wird genutzt – gera­de, wenn es um Ani­ma­tio­nen und Foli­en­über­gän­ge geht. Es hat manch­mal schon etwas von „Schau mal, was ich Tol­les gemacht hab‘ “. Ich wün­sche mir weni­ger Ani­ma­tio­nen in Power­Point und mehr Tabu­la­to­ren in Word.

Als Ver­tre­ter eines gera­de­zu puris­ti­schen Prä­sen­ta­ti­ons­stils ver­brin­ge ich natur­ge­mäß recht wenig Zeit mit den „Ani­ma­tio­nen“- und (Folien‑)​„Übergänge“-„Ribbons“ in Power­Point. Schrei­be ich also (inspi­riert durch eine Dis­kus­si­on auf Twit­ter) einen Arti­kel zu die­sem The­ma, ist zu erwar­ten, dass ich vor allem dar­über schrei­be, wel­che Ani­ma­tio­nen man bes­ser weg­las­sen soll­te – und war­um. Die­se Erwar­tungs­hal­tung möch­te ich nicht enttäuschen:

Animationen

Die meis­ten Ani­ma­tio­nen, die man in Prä­sen­ta­tio­nen zu sehen bekommt, tra­gen m. E. nichts zur Wirk­sam­keit des Vor­trags bei. Tra­gen sie aber nichts bei, lenkt die Bewe­gung poten­ti­ell vom Refe­ren­ten und den Inhal­ten ab – den eigent­li­chen bei­den Stars auf der Büh­ne! Das Schlimms­te aber ist: Ani­ma­tio­nen len­ken nicht nur vom, son­dern auch den Refe­ren­ten ab: Das gespro­che­ne Wort muss auf ein­mal nicht nur mit dem Fluss der Foli­en, son­dern mit womög­lich hoch­kom­ple­xen Ani­ma­tio­nen, die „wei­ter­ge­klickt“ wer­den wol­len, syn­chro­ni­siert wer­den. Auch hier ist oft zu ver­mu­ten: Mehr Kon­zen­tra­ti­on auf das gespro­che­ne Wort hät­te mehr zur Wirk­sam­keit des Vor­trags bei­getra­gen als die jewei­li­ge Animation.

In vie­len Fäl­len wirkt der Ein­satz von Ani­ma­tio­nen gera­de­zu anachronistisch:

Animierter Text

Zu Zei­ten, in denen man sei­ne Prä­sen­ta­tio­nen in zwangs­läu­fig klei­ner Schrift auf der Schreib­ma­schi­ne erstellt und dann für teu­res Geld auf (Overheadprojektor‑)​Folie kopiert hat, war es aus­ge­spro­chen sinn­voll, die Stich­punk­te auf der Folie beim Prä­sen­tie­ren mit einem Blatt Papier ab- und im Ver­lau­fe des Vor­trags Punkt für Punkt auf­zu­de­cken. Die­ses Vor­ge­hen spar­te teu­re Foli­en – und grö­ße­re Schrift war mit der Schreib­ma­schi­ne ohne­hin nicht mög­lich. Eine Folie mehr oder weni­ger in einer Power­Point-Prä­sen­ta­ti­on zu haben, macht kei­nen Kos­ten­un­ter­schied: Heut­zu­ta­ge kann man kos­ten­neu­tral jedem ein­zel­nen Punkt eine Folie, eine eigen­stän­di­ge Visua­li­sie­rung, wid­men. Dazu kommt: Viel Text auf Foli­en ist sowie­so wenig sinn­voll (vgl. bspw. hier); lohnt es sich über­haupt, den Text auf einer Folie zu ani­mie­ren, hat man ver­mut­lich zu viel davon. Ani­mier­ter Text i. S. die­ser zei­len­wei­sen „Over­head­fo­li­en-Dra­ma­tur­gie“ bil­det meist nur eine Spar­maß­nah­me nach, die ihre Berech­ti­gung ver­lo­ren hat. Er trägt nichts zur Wirk­sam­keit bei.

Die Krö­nung der Ablen­kun­gen aber sind ein­zeln ein­flie­gen­de Buch­sta­ben: Men­schen reagie­ren auf Bewe­gung – dem gene­ti­schen Erbe des Flucht­tie­res kön­nen wir uns nicht ent­zie­hen – wir ver­fü­gen gar über einen qua­si in unse­re „Hard­ware“ inte­grier­ten Bewe­gungs­sen­sor, den soge­nann­ten „Has­sen­stein-Rei­chardt-Detek­tor“. Zudem sind wir ange­bo­ren neu­gie­rig – und so starrt das Publi­kum wie gebannt auf die ein­flie­gen­den Buch­sta­ben und ver­sucht qua­si „Glücks­rad“ spie­lend mög­lichst schnell zu erra­ten, was dort wohl am Ende geschrie­ben ste­hen könn­te. Was vom Refe­ren­ten ursprüng­lich ver­mut­lich als „Span­nung auf­bau­end“ gedacht war, ver­kommt zu einem ablen­ken­den Rate­spiel und kos­tet – abhän­gig von der Geschwin­dig­keit der Ani­ma­ti­on – unnö­tig Zeit.

Wenn Sie schon grö­ße­re Men­gen Text auf Ihren Foli­en haben: Ani­mie­ren Sie ihn nicht auch noch – erst recht nicht buch­sta­ben­wei­se. Und falls sie es doch für dra­ma­tur­gisch sinn­voll hal­ten: Über­le­gen Sie, ob es nicht bes­ser wäre, die Inhal­te über meh­re­re Foli­en zu verteilen.

Dinge erscheinen lassen

1 Es gibt natür­lich auch Fäl­le, in denen es sinn­voll ist, ein Gesamt­bild lang­sam auf­zu­bau­en, indem man sei­ne Ein­zel­tei­le der Rei­he nach erschei­nen lässt (das gilt aber m. E. wirk­lich nicht für Stich­punkt­lis­ten, s. o.). Selbst in die­sen Fäl­len ver­su­che ich, Ani­ma­tio­nen zu ver­mei­den und erstel­le lie­ber meh­re­re Foli­en und ver­voll­stän­di­ge das Bild von Folie zu Folie​2.

Die­ses Vor­ge­hen hat nach mei­ner Erfah­rung eine gan­ze Rei­he von Vorteilen:

Die­se ers­ten drei Punk­te wir­ken m. E. eini­ger­ma­ßen zuver­läs­sig der ein­gangs erwähn­ten Ablen­kung des Refe­ren­ten ent­ge­gen – auf Foli­en­wech­sel muss man sich ohnen­hin konzentrieren.

Dinge bewegen

Nicht nur das Erschei­nen von Tei­len des Bil­des, auch Bewe­gung im Bild selbst kann durch­aus hilf­reich sein. Dass auch die Ent­wick­lung von ansons­ten recht tro­cke­nen Zah­len wirk­sam z. B. in Form wach­sen­der Säu­len dar­ge­stellt wer­den kann, sieht man spä­tes­tens an Wahl­aben­den an den ani­mier­ten Info­gra­fi­ken der Wahlforscher.

Die Mög­lich­kei­ten von Power­Point sind aber viel grö­ßer – und die Ver­su­chung ist dem­entspre­chend groß: Pfad­ani­ma­tio­nen ermög­li­chen es, die auf den ers­ten Blick viel­leicht gar „drö­ge“ wir­ken­den Foli­en zu gan­zen klei­nen „Erklär­fil­men“ aus­zu­bau­en – und die kön­nen selbst­ver­ständ­lich sehr wirk­sam sein. Bewe­gung lässt sich nun ein­mal gut durch Bewe­gung visua­li­sie­ren; die (in die­sem Fall drit­te) zusätz­li­che Dimen­si­on der Zeit erwei­tert die sta­ti­schen Foli­en zum Bewegt­film. Das Pro­blem ist m. E., dass Bewegt­bil­der ein völ­lig ande­res Medi­um sind – man ver­glei­che nur den Urlaubs-Dia-Vor­trag mit der Vor­füh­rung eines Urlaubs­vi­de­os: Beweg­te Bil­der haben eine ande­re Erzähl­struk­tur – sie nei­gen mei­ner Erfah­rung nach viel stär­ker als sta­ti­sche „Dias“ dazu, den Erzäh­ler (den Refe­ren­ten) in den Hin­ter­grund zu drän­gen. Des­sen muss man sich bewusst sein – eine kom­ple­xe Ani­ma­ti­on zu zei­gen, ähnelt mit­un­ter eher der Vor­füh­rung eines Videos.

Aber auch ein­fa­che­re Ani­ma­tio­nen von Bewe­gungs­pro­zes­sen in Vor­trags­si­tua­tio­nen kön­nen pro­ble­ma­tisch sein: Der Mensch mag gleich einem Flucht­tier auf Bewe­gung reagie­ren, aber der Refe­rent und sei­ne Foli­en ste­hen den­noch immer in Kon­kur­renz zu Ablen­kun­gen aller Art – nicht zuletzt dem (poten­ti­ell auch Beweg­tes zei­gen­den!) Smart­phone. Das Publi­kum hat gegen­über einer Prä­sen­ta­ti­on eine ande­re Rezep­ti­ons­hal­tung und ein ande­res Rezep­ti­ons­ver­hal­ten als bei­spiels­wei­se gegen­über einem Kino­film: Es schaut nicht kon­ti­nu­ier­lich hin; man erwar­tet (im Gegen­satz zum Kino­film) nicht, etwas Wich­ti­ges zu ver­pas­sen, wenn man kurz weg­schaut oder gar nur gele­gent­lich hin­schaut. Die Wahr­schein­lich­keit, dass selbst eigent­lich auf­merk­sa­me Zuhö­rer die müh­sam erstell­te Ani­ma­ti­on schlicht ver­pas­sen, ist groß. Übrig bleibt in der Wahr­neh­mung des Publi­kums ein „Vor­her – Nach­her“ – und das ist u. U. zu wenig, um den jewei­li­gen Sach­ver­halt zu illus­trie­ren. Ist man sich nicht sicher, die Auf­merk­sam­keit des Publi­kums nicht nur audi­tiv, son­dern auch visu­ell zu hun­dert Pro­zent zu genie­ßen, leis­ten eine oder meh­re­re (s. o.) sta­ti­sche Foli­en mit Bewe­gung andeu­ten­den Pfei­len womög­lich bes­se­re Dienste.

Wenn’s denn doch mal sein muss

Kann oder möch­te ich Ani­ma­tio­nen nicht ver­mei­den, ver­su­che ich, die­se mög­lichst immer auto­ma­tisch ablau­fen zu las­sen – idea­ler­wei­se zwei oder drei Sekun­den nach dem Foli­en­wech­sel. Auf die­se Wei­se ver­mei­de ich, mich wäh­rend des Vor­trags auch noch auf die Ani­ma­ti­on kon­zen­trie­ren zu müs­sen, ver­mei­de ich die ein­gangs erwähn­te Ablen­kung des Refe­ren­ten; das Prä­sen­tie­ren der Foli­en wird nicht unnö­tig verkompliziert.

Wirklich nur „Gezappel“

Clip­art trägt nur sel­ten zur Wirk­sam­keit des Vor­trags bei (vgl. hier) und hat meist eher illus­tra­ti­ven Cha­rak­ter (vgl. hier). Ani­mier­te Clip­art wirkt m. E. meist fatal: Die Auf­merk­sam­keit des Publi­kums wird fast zwangs­läu­fig vom in einer End­los­schlei­fe „zap­peln­den“ GIF gebun­den; die mensch­li­che „Bild­ver­ar­bei­tung“ und ihr Fokus kön­nen sich der Bewe­gung kaum ent­zie­hen. Möch­te man z. B. aus irgend­wel­chen Grün­den, dass das Publi­kum statt auf den Red­ner und die Rede auf ein in der rech­ten obe­ren Ecke der Folie hüp­fen­des Männ­chen fokus­siert ist: So funk­tio­niert es ziem­lich sicher. Meist möch­te man aber, dass das Publi­kum auf Refe­ren­ten und Refe­rat fokus­siert ist – und ani­mier­te GIFs haben dem­entspre­chend auf den Foli­en nichts zu suchen.

Folienübergänge

Ein Thea­ter­stück beginnt fast immer damit, dass der Vor­hang sich öff­net – und endet damit, dass „der Vor­hang fällt“. Dazwi­schen wird der Vor­hang vor allem genutzt, um gera­de­zu ver­schämt Umbau­pha­sen zu ver­de­cken. Ledig­lich sehr moder­ne Insze­nie­run­gen inte­grie­ren den Umbau in die Auf­füh­rung oder nut­zen den Vor­hang zusätz­lich dra­ma­tur­gisch – und nach mei­ner Ein­schät­zung als lang­jäh­ri­ger Thea­ter-Abon­nent gewinnt die Insze­nie­rung dabei nur in den sel­tens­ten Fäl­len an Wirksamkeit​4.

5 Völ­lig anders gestal­tet sich die Nut­zung des „vir­tu­el­len Vor­hangs“ in vie­len Power­Point-Prä­sen­ta­tio­nen: Obwohl der „Sze­nen­wech­sel“ von Folie zu Folie kei­ne „Umbau­pau­se“ erfor­dert und kei­ne Zeit kos­tet, wird er oft mit teils extrem ani­mier­ten Foli­en­über­gän­gen in Sze­ne gesetzt. Power­Point bie­tet gar Foli­en­über­gän­ge mit der viel­ver­spre­chen­den Kate­go­rie­be­zeich­nung „Spek­ta­ku­lär“ – gera­de­zu absurd: „Spek­ta­ku­lär“ soll­ten die Inhal­te sein – Refe­rat und Visua­li­sie­rung – und nicht die inhalts­lee­ren „Umbau­pau­sen“. Ani­mier­te Foli­en­über­gän­ge sind der „Pau­sen­clown“ des Prä­sen­tie­rens – und erin­nert sich das Publi­kum nach einen Thea­ter­stück vor allem den Pau­sen­clown, spricht das nicht gera­de für die Inszenierung.

Natür­lich kön­nen in bestimm­ten Fäl­len auch ani­mier­te Foli­en­über­gän­ge sinn­voll sein. Baut man wie oben beschrie­ben „Pseu­do-Ani­ma­tio­nen“ aus meh­re­ren Foli­en, bestim­men die Foli­en­über­gän­ge, wie neue Tei­le des Bil­des erschei­nen. Auch ein an die Bild­spra­che des Kinos ange­lehn­tes Ein- und Aus­blen­den über Schwarz kann ein­ge­setzt wer­den, um bei­spiels­wei­se eine Zäsur zu mar­kie­ren – aber all‘ dies soll­te sehr spar­sam dosiert wer­den, um den Ein­druck und die Wir­kung eines „Pau­sen­clowns“ zu vermeiden.

Exkurs: Prezi

Pre­zi (<https://​pre​zi​.com/>) wird nur all­zu oft mit Power­Point ver­gli­chen und als direk­te Alter­na­ti­ve posi­tio­niert (in ange­nehm undog­ma­ti­scher Wei­se z. B. in die­sem Arti­kel von Peter Claus Lam­precht). Mei­nes Erach­tens erzeugt (oder bes­ser „bedingt“: Inhalt und Struk­tur soll­ten vor Metho­de und Werk­zeug kom­men!) Pre­zi eine ande­re Erzähl­struk­tur: Geht man bei­spiels­wei­se aus einem Gesamt­bild mehr­fach ins Detail, bil­den die „Kame­ra­fahr­ten“ von Pre­zi die Erzähl­struk­tur visu­ell nach; das Hin­ein- und Hin­aus­zoo­men gehört imma­nent zur erzähl­ten Geschich­te und dürf­te die Wirk­sam­keit der Prä­sen­ta­ti­on stei­gern. Fährt die „Kame­ra“ aber ledig­lich von Punkt zu Punkt, unter­schei­det sich ein Pre­zi m. E. nur mar­gi­nal von einer Power­Point-Prä­sen­ta­ti­on (vgl. hier) – und für die oft spek­ta­ku­lä­ren „Kame­ra­fahr­ten“ gilt ver­mut­lich alles, was ich hier über Foli­en­über­gän­ge geschrie­ben habe, analog.

Zusammenfassung

Ani­ma­tio­nen kön­nen das Sta­tisch-Visu­el­le einer Prä­sen­ta­ti­on sinn­voll ergän­zen und die Wirk­sam­keit stei­gern – müs­sen dafür aber gezielt und spar­sam ein­ge­setzt wer­den. Vie­le Ani­ma­tio­nen erschei­nen mir wahl­los ein­ge­setzt oder Ergeb­nis einer sinn­los gewor­de­nen Tra­di­ti­on zu sein. Wahl­los ein­ge­setz­te Ani­ma­tio­nen len­ken das Publi­kum und den Refe­ren­ten ab – die Wirk­sam­keit sinkt.

Und nein: Ich hal­te Power­Point nicht für per se „böse“ und glau­be ich nicht, dass wir der­zeit Alter­na­ti­ven benötigen.

Foot­no­tes:

  1.  Nut­zung mit Geneh­mi­gung von Microsoft.
  2.  Genau­ge­nom­men gehe ich der Ein­fach­heit hal­ber natür­lich anders­her­um vor: Ich erstel­le die letz­te Folie (mit dem „Gesamt­bild“) zuerst, kopie­re die­se mehr­fach und lösche von Kopie zu Kopie immer mehr Tei­le aus dem Bild heraus.
  3.  Oder zumin­dest nicht in der­sel­ben Tasche wie mein Notebook.
  4.  Auch Kunst will wirk­sam sein.
  5.  Nut­zung mit Geneh­mi­gung von Microsoft.
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