Im Rahmen der Artikelreihe zur Präsentationsgestaltung fand Haiku Deck bereits häufiger Erwähnung1 – Grund genug, auch der neuen Version 2.4 einen Artikel zu widmen.
Die aktuelle Entwicklungsrichtung von Haiku Deck ist nach Darstellung der Entwickler vor allem durch eine Anwender-Umfrage geprägt, die im letzten Herbst durchgeführt wurde2. Die detaillierten Ergebnisse dieser Umfrage sind leider nicht öffentlich zugänglich; die Neuerungen der Version 2.4 lassen jedoch naturgemäß Rückschlüsse darauf zu – und es ist nur allzu offensichtlich, dass das Konzept eines schon rein technisch „Slideuments“3 verhindernden Produktes nicht die Akzeptanz im Markt findet, die meines Erachtens wünschenswert wäre. Die wesentlichen Neuerungen in Version 2.4 sind vor allem textlastig:
- Es gibt nunmehr verschiedene Folienlayouts für mehrzeiligen Text, …
- … Hintergrund- und Schriftfarbe sowie die Textausrichtung sind jetzt anpassbar und …
- … neue Folienlayouts ermöglichen, fast die gesamte Folie mit Text zu füllen.
Geht man davon aus, dass diese „Verbesserungen“ Ergebnis der Auswertung der Anwenderbefragung sind, erscheint mir das einigermaßen deprimierend: Offenbar liebt der Markt die Einfachheit von Haiku Deck (und des iPads als Plattform) und vermutlich vor allem die sehr einfache Möglichkeit, Text „schön“ vor einem Foto zu platzieren – aber bitteschön viel mehr Text!
Der Ansatz, durch Beschränkung der Funktionalität Einfluss auf das Nutzerverhalten zu nehmen (lies: das Vermeiden von Slideuments quasi zu erzwingen) erscheint weitgehend gescheitert – und letztlich verwundert dies auch nicht: Nur der unangefochtene Marktführer wäre dazu in der Lage, durch technische Einschränkungen die an soziale Normen grenzenden Präsentations-Gepflogenheiten und das davon geprägte Nutzerverhalten zu ändern; jeder kleinere Marktbegleiter wird sich zwangsläufig den Forderungen der aus verschiedensten Gründen Slideuments liebenden Anwender beugen (müssen). Gäbe es in Microsoft PowerPoint eine direkt ins Auge springende4 Warnung vor zu kleinen Schriftarten5 und vor allem vor zu vielen textuellen Inhalten – uns bliebe vielleicht der eine oder andere6 schlechte Vortrag erspart.
Dennoch: Haiku Deck bleibt eine interessante Alternative mit einem angenehm minimalistischen Ansatz, die (immer noch) viele schwer zu ertragende Gestaltungssünden verhindert und auch in den Händen eines gestalterisch unerfahrenen Anwenders sehr ästhetische und vor allem kommunikativ wirksame Ergebnisse ermöglicht.
Footnotes:
- ↑ Vgl. „Update: Haiku Deck 2.0“ und „Update (2): Haiku Deck 2.1“.
- ↑ Vgl. <http://blog.haikudeck.com/community-spoken/>.
- ↑ Vgl. „Guter Vortrag – trotz der Slides (Teil 2)“.
- ↑ Ich stelle mir hier eine Art sehr große „Ampel“ auf dem Bildschirm vor, die sich noch deutlich vehementer bemerkbar macht, als Karl Klammer das jemals tat.
- ↑ Vgl. „Guter Vortrag – trotz der Slides (Teil 4)“.
- ↑ Aufgrund der Wechselwirkung der rhetorischen Leistung mit der visuellen Präsentation.