Gibt es für etwas kein Wort, kann man erfahrungsgemäß nur schwer darüber sprechen. Sprache determiniert potentiell das Denken1 und erhält damit immer auch eine gesellschaftlich-politische Dimension – George Orwells „Neusprech“ („newspeak“) illustriert diesen Zusammenhang eindrucksvoll.
Es erscheint also angezeigt, den eigenen Wortschatz einer regelmäßigen Überprüfung auf relevante Lücken zu unterziehen – und dies gilt sicherlich auch für den visuellen Wortschatz.
Betrachtet man die Bildsprache der Computermaler (S. 45 ff)2, fallen vor dem Hintergrund der Entwicklung der letzten Monate tatsächlich Lücken auf, die es zu füllen notwendig erscheint, möchte man IT-Infrastrukturen auch in Zukunft vollständig und ohne unangemessene Auslassungen visualisieren. Die Visualisierung von Cloud Services sollte z. B. (vor allem bei Nutzung überregionaler Anbieter) ergänzt werden, um zu verhindern, dass dem Betrachter in einer den Sachverhalt verzerrenden Weise relevante Komponenten vorenthalten werden:
Auch der Briefumschlag (S. 57) als Ikone i. S. von Charles S. Peirce bedarf potentiell einer Überarbeitung – die Darstellung als grundsätzlich geschlossener Umschlag nicht in jedem Fall angemessen und impliziert eine offenkundig falsche Annahme3. An die Seite des geschlossenen Umschlags tritt also der offene Umschlag; es dürfte in sehr vielen Fällen sinnvoll und vor allem ein realistischeres Abbild der Welt sein, eine E‑Mail eher als offenen denn als geschlossenen Briefumschlag zu visualisieren4:
Der Hacker hat bereits nachträglich Eingang in die Bildsprache der Computermaler gefunden; ergänzenswert erscheint nun auch der Schlapphut:
Unabhängig von meiner oder Ihrer (politischen) Position zur Überwachung des Internets – Ihre Visualisierungen sollten ein realistisches und vollständiges Bild des Sachverhalts zeigen und Ihre Bildsprache die dafür notwendigen Wörter enthalten. Sprachlosigkeit (auch visuelle) – das lehrt uns die Menschheitsgeschichte – ist immer fatal.
Footnotes:
- ↑ Die von mir häufig zitierte sog. Sapir-Whorf-Hypothese.
- ↑ Vgl. auch „Das Lexikon“ unter „Downloads zum Buch“.
- ↑ Die allerdings – sieht man einmal vom leider seltenen Fall verschlüsselter E‑Mails ab – schon immer falsch war.
- ↑ Genaugenommen wäre eine Visualisierung als Postkarte am angemessensten – Postkarten sind allerdings meines Erachtens nur schwer klar erkennbar zu zeichnen.