In der Politik scheint mir das „Das erklär‘ ich auf einem Bierdeckel …“ ja eher Ausdruck mehr oder minder populistischer (Über‑)Simplifizierungen zu sein, vielen Übersimplifizierungen liegt die Annahme zugrunde, man wisse, was die Zukunft bringe – was liegt also näher, als einen Bierdeckel zu nutzen, um zu erklären, dass dem nicht so ist?
Man muss gar nicht das m. E. momentan überstrapazierte VUCA-Konzept2 bemühen, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, man kann es auch trivial ausführen: Je länger mein Weg ist, desto mehr Unwägbarkeiten begegnen mir am Wegesrand – Faktoren, die ich meist nur begrenzt einschätzen wenn nicht gar schlicht übersehen kann.
Für Terry Pratchett-Fans: Die „Hose der Zeit“4 hat nicht nur zwei Beine5, es ist eher, als kleide man einen Tausendfüßler ein.
Jetzt habe ich ausnahmsweise zwei „Bierdeckel“ vollgekritzelt – aber immerhin nicht (womöglich auch noch geprägt vom zu den Deckeln gehörigen Getränk) meist wenig operationalisierbar von einer „VUCA-Welt“ schwadronieren müssen, um die Kernaussage zu transportieren.
Footnotes:
- ↑ Dan Roam erklärt „auf der Serviette“. In Deutschland sind es eher Bierdeckel – wobei die deutlich häufiger bedruckt und damit unpraktischer sind als Servietten.
- ↑ Volatility, uncertainty, complexity and ambiguity.
- ↑ Aus Gründen der Optik hier übrigens Rotwein und nicht Bier. Auf einem echten Bierdeckel könnte man die Zukunft ggf. auch mit Bier verwischen und sich anschließend rühmen, Zufallstechniken für die Visualisierung eingesetzt zu haben.
- ↑ Vgl. <https://www.thediscworld.de/index.php/Hosenbeine_der_Zeit> (29.09.2019).
- ↑ In Pratchetts Metapher scheint sich mir übrigens wieder einmal unser abendländischer Hang zu Dualismen zu manifestieren.