Aus der heutigen Präsentationskultur ist er kaum wegzudenken: der Laserpointer. Benutzte man früher einen (meist auch als Rohrstock einsetzbaren) Zeigestock, um seinen Ausführungen pointierend (und vielleicht auch drohend oder gar strafend) Nachdruck zu verleihen, wird vermeintlich (oder manchmal gar tatsächlich) Wichtiges heutzutage mit dem Laser beleuchtet. Rote Punkte tanzen über Folien voller „bullet points“ und komplexer Diagramme, um uns aufzuzeigen, wo denn das eigentlich Wichtige zu finden ist – und diese „visuelle Emphase“ ist nicht selten das dominierende „rhetorische“ Stilmittel der Präsentation. Der glitzernd-rote Punkt auf der Leinwand hat in wenigen Jahren einen so ikonischen Status erreicht, dass er von vielen Presenter-Apps softwareseitig als leicht unscharfer, glitzernder roter Punkt „emuliert“ wird – angesichts der unendlich vielen Gestaltungsmöglichkeiten für ein softwaregeneriertes Zeiger-Icon schon ein wenig bemerkenswert.
Als ich vor vielen Jahren zum ersten Mal einen (damals noch innovativ wirkenden) Laserpointer in einer Präsentation einsetzte, kam danach ein Zuschauer zu mir. Er lobte zwar artig meine Präsentation, beklagte sich aber bitterlich über das „irritierende Gezappel“ des aufgrund meiner Aufregung zittrigen Laserpunktes und spiegelte mir vor allem, dass dadurch meine Nervosität und Unsicherheit erst offensichtlich geworden sei. Ich war ob des unaufgeforderten und unverblümten Feedbacks alles andere als angetan. Mit meinen damals knapp zwanzig Lenzen verunsicherte mich diese Kritik schwer – und ich meide seitdem den Laserpointer, so gut es geht.
Oh, was bin ich heute dankbar für dieses harsche Feedback.
Heute weiß ich: Der Herr hatte recht. Nicht nur, dass der lange „Hebelarm“ des Lasers jedes noch so leichte nervöse Zittern zu gleißenden, eiernden roten Ovalen vergrößert, die sich in Netzhaut und Erinnerung des Publikums eingraben, mir ist noch etwas anderes aufgefallen: Fast immer, wenn mein Daumen den Taster des Laserpointers auf meinem Presenter findet, stimmt etwas an der (Präsentations‑)Situation nicht. Typisch sind dabei drei Fälle:
- Ich finde meine Folien unverständlich – und das dann meist zu Recht. Fühle ich mich genötigt, die Folie quasi „mit dem Laserpointer zu erklären“, ist sie vermutlich zu voll oder zu komplex. Die Kombination aus Wort und Bild sollte auch ohne weltraumschlacht-artigen Lasereinsatz inhärent einsichtig sein. Eine wohlgestaltete Folie benötigt keine visuelle Emphase, sondern ist die visuelle Emphase des gesprochenen Wortes – und ist der Inhalt zu komplex, um eine auf Anhieb einsichtige Folie zu erstellen, sollte man ihn auf mehrere Folien verteilen (oder womöglich tatsächlich einmal den Einsatz von Prezi und seiner „Zoom“-Funktion erwägen1).
- Ich vermische unterschiedliche Dinge auf einer Folie, habe also eigentlich zu wenig Folien – deswegen komme ich auf die Idee, die „Vermischung“ auf der Folie quasi abzumildern, indem ich die unterschiedlichen Dinge einzeln mit dem Laser markiere.
Im Falle einer „großen“, gut vorbereiteten Präsentation sollten einem diese Probleme bereits im Vorfeld auffallen – spätestens im Rahmen der Generalprobe. Passiert einem das jedoch bei einer „zwischen Tür und Angel“ vorbereiteten Präsentation und bemerkt man den Fehler, klärt man das m. E. lieber ohne Laserpointer auf der „Tonspur“: Die Vermischung durch entsprechend klare Sprache aufzuheben, das Komplexe durch eine gute Erklärung verständlich zu machen, ist möglich – so wichtig sind die Folien im Vergleich zum gesprochenen Wort dann eben doch nicht! Erscheint einem die Folie dabei auf einmal komplett verwirrend, sollte man die Folie mit der Taste B (vgl. hier) am besten ausblenden.
Besonders fatal ist der dritte m. E. typische Fall – macht er doch an sich schon nervös:
- Ich fühle mich unverstanden – und bin es dann meistens auch. Anstatt jetzt innezuhalten und in Ruhe einen neuen Anlauf zu nehmen, es noch einmal anders zu erklären, beginne ich womöglich, hektisch mit dem Laser auf der Folie wedelnd Verständnis quasi einzubrennen zu versuchen. Mit dem eingangs erwähnten Zeige- bzw. Rohrstock ginge das noch eindrücklicher – und vermutlich ebenso wenig effektiv. Zum Glück merke ich am Lasereinsatz, dass gerade etwas schiefgeht – und kann zur Besinnung kommen und gegensteuern.
Der Laser ist für mich also vor allem ein sehr praktisches Alarmzeichen – ich brauche dank des Lasers nicht viel Achtsamkeit, um zu bemerken, dass etwas mit mir, meinem Vortrag oder meinen Folien nicht stimmt.
Was aber, wenn ich wirklich einmal eine visuelle Emphase brauche – als Stilmittel, nicht als „Rettungsring“? Das m. E. eindrücklichste „Zeigemittel“ ist der menschliche Körper. Wenn ich Wort und Bild pointierend ergänzen möchte, was liegt da näher, als den eigenen Körper einzusetzen – den Körper, auf den das Publikum idealerweise bereits sein Interesse fokussiert hat? Zeigen Sie mit Ihrer Hand, mit Ihrem Arm, mit Ihrem ganzen Körper – und trauen Sie sich dabei ruhig in den Strahlengang des Beamers: Was Sie gerade zu zeigen haben, ist wichtiger als ein perfektes Bild – sonst bräuchten Sie es nicht zeigen! Und lassen Sie die Finger vom „Auslöser“ des Lasers.
Footnotes:
- ↑ Zur Abgrenzung von Prezi zu PowerPoint vgl. bspw. Peter Claus Lamprechts angenehm differenzierten Artikel „Kampf um die Zuschauergunst – mit Prezi oder mit PowerPoint?“ <https://www.praesentationsberater.de/prezi-powerpoint> (07.11.2015).