„Wie zeichnet man eigentlich ein Flipchart?“ – eine auf den ersten Blick überraschende Frage, die mir ein Teilnehmer eines Visualisierungs-Trainings stellte.
Nach kurzem Innehalten1 zeichnete ich Folgendes:
Klar erkennbar: ein Flipchart.
Überraschende und scheinbar geradezu paradoxe Fragen neigen dazu, anregende Fragen2 zu sein. Diese Frage hat mich angeregt, die Genese der obigen Visualisierung (besser: des Ikons) zu reflektieren. Zwei Dinge spielten bei der Gestaltung des Ikons eine Rolle:
- Die Reduktion auf das Wesentliche, auf das Ding an sich – das, was der Gegenstand ist und was man mit ihm tut (häufig: mit Stichpunkten beschriften), kurz: seine Quidditas, seine „Washeit“.
- Das Prototypische der Ikone: drei Beine, keine Säule, keine Rollen – und das, obwohl ich dreibeinige Flipcharts furchtbar unpraktisch finde und mir daran grundsätzlich die Finger klemme. Dargestellt – und vermutlich auch am einfachsten identifizierbar – ist der Archetypus des Flipcharts.
Aus diesem Beispiel lassen sich mindestens zwei Empfehlungen für das Entwickeln neuer Ikonen – neuer Wörter Ihrer Bildsprache – ableiten:
- Zeichnen Sie, was das Ding in der Erfahrungswelt Ihres Publikums3 ist und/oder deuten Sie an, was man (am häufigsten) damit tut (in diesem Fall: beschriften).
- Zeichnen sie den „Normalfall“ des jeweiligen Kulturkreises4, die „klassische Variante“ des Dings – nicht den Spezialfall5.
Footnotes:
- ↑ Von der mindestens scheinbaren Selbstreferenzialität, die dieser Frage innewohnt, musste ich mich erst erholen.
- ↑ Im Sinne systemischen Fragens.
- ↑ Hier sind durchaus Unterschiede möglich: Ein Messer z. B. ist für einen Koch etwas völlig anderes als für den Regisseur eines Horrorfilms – und für letzteren ohne (rot visualisierte) Blutflecken in seinem Kontext nicht das „Ding an sich“.
- ↑ Auch hier sind große Unterschiede möglich – schon einfachste Alltagsgegenstände (bspw. Toiletten, Türknäufe) sehen z. B. in den USA völlig anders aus als in Europa.
- ↑ Also z. B. nicht ein Flipchart mit Säule, sondern eins mit drei Beinen.