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Mehr zum Meeting-Teufelskreis

Tim Themann

Nach­dem ich vor eini­gen Tagen mei­nen Arti­kel zum „Bespre­chungs­teu­fels­kreis“ ver­öf­fent­lich habe, hat­te ich natur­ge­mäß das eine oder ande­re Gespräch zu dem The­ma – unter ande­rem dar­über, wie die­ser Teu­fels­kreis ent­steht und wie man sei­ne Ent­ste­hung viel­leicht früh­zei­tig ver­hin­dern kann:

Das ers­te Pro­blem ist m. E. fol­gen­des: Der Mee­ting-Teu­fels­kreis fängt oft­mals mit nur einer Per­son an – und die­ser „Pati­ent Null“ ist lei­der hoch­an­ste­ckend; es reicht voll­kom­men, dass die­se eine Per­son in der Orga­ni­sa­ti­on einen so vol­len Kalen­der hat, dass Spon­ta­nes nicht mehr mög­lich ist, dass für alles ein Ter­min gemacht wer­den muss. Die­se eine Per­son füllt des­we­gen prak­tisch zwangs­läu­fig auch zuse­hends die Kalen­der ande­rer Men­schen und erhöht so deren Kalen­der-Füll­stand womög­lich in einer „anste­cken­den“ Wei­se, sorgt dafür, dass wei­te­re Kalen­der so gefüllt sind, dass Spon­ta­nes unmög­lich wird. So kommt es zu „Anste­ckun­gen“ inner­halb der Orga­ni­sa­ti­on (oder eines Teils der Orga­ni­sa­ti­on), i. d. R. mei­ner Beob­ach­tung nach hier­ar­chisch von oben nach unten – aus­ge­hend von womög­lich nur einer oder eini­gen weni­gen Person(en) und je spit­zer die Pyra­mi­de ist, des­to schneller​1. Ver­stär­kend kommt häu­fig dazu, dass oft­mals Ter­mi­ne auch man­gels Zeit „nach unten“ dele­giert wer­den – ein wei­te­rer Beschleu­ni­ger auf dem Weg in den Meeting-Teufelskreis.

Das zwei­te Pro­blem ist mei­ner Erfah­rung nach: In prak­tisch jeder Orga­ni­sa­ti­on gibt es eine sol­che Per­son – nicht sel­ten an der Spit­ze, häu­fig aber (auch) – und das erscheint mir beson­ders fatal – im ope­ra­ti­ven „Mit­tel­feld“. Zudem ste­hen vie­le Orga­ni­sa­tio­nen m. E. min­des­tens in grö­ße­ren Berei­chen bereits kurz davor, in den Teu­fels­kreis ein­zu­tre­ten – es bedarf oft nur noch wenig, um eine groß­flä­chi­ge „Anste­ckung“ auszulösen.

Auch für das Pro­blem des Bespre­chungs­teu­fels­krei­ses gilt wie so oft „Weh­ret den Anfän­gen!“ – aber wie?

Mir fal­len an die­ser Stel­le zwei Ansät­ze ein – aber zuerst gilt es sicher­lich, den oder die „Pati­en­ten Null“​2 zu iden­ti­fi­zie­ren. Anschlie­ßend kann man versuchen, …

Greift man früh­zei­tig ein, ver­hin­dert man nicht nur die Ent­ste­hung eines orga­ni­sa­ti­ons­wei­ten Teu­fels­krei­ses, in aller Regel tut man zudem dem oder den „Pati­en­ten Null“ einen Gefal­len – der Zustand des über­vol­len Kalen­ders wird spä­tes­tens mit­tel­fris­tig von den wenigs­ten Men­schen als ange­nehm empfunden.

Einen vol­len Kalen­der qua­si als „Sta­tus­sym­bol“ oder als Zei­chen beson­de­ren Flei­ßes und Enga­ge­ments zu betrach­ten, ist übri­gens ein wei­te­rer ver­brei­te­ter Beschleu­ni­ger des Problems​3 – eine Hal­tung, die es zudem womög­lich extrem erschwert, dem Pro­blem bereits in sei­ner Ent­ste­hungs­pha­se ent­ge­gen­zu­wir­ken. Im Gegen­teil: Mög­li­cher­wei­se ent­steht gar ein fata­ler Wett­be­werb um die volls­ten Kalender.

Im Gegen­satz zu „klas­si­schen“ Infek­tio­nen ist der Mee­ting-Teu­fels­kreis übri­gens auch online viru­lent – sogar beson­ders aus­ge­prägt: Trifft man sich nicht [mehr] phy­sisch im Büro – sind die meis­ten im Home­of­fice – wird spon­ta­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on deut­lich erschwert, fast schon zwin­gend kommt es zu mehr for­mell in den Kalen­der ein­ge­tra­ge­nen [Online-]Meetings. Ob man auf die­se Wei­se den Man­gel an infor­mel­ler Kom­mu­ni­ka­ti­on kom­pen­sie­ren kann, erscheint mir mehr als frag­lich – auf jeden Fall aber füllt man so die Kalender!

Was auch immer Haupt­ur­sa­che der jewei­li­gen Ent­wick­lung ist: Die Ent­ste­hung eines Teu­fels­krei­ses zu ver­hin­dern, ist m. E. immer ein­fa­cher, als ihn nach­träg­lich müh­sam zu durch­bre­chen. Ach­ten Sie auf die Anzei­chen – und reagie­ren Sie schnell!

Foot­no­tes:

  1.  Weni­ger direk­te Unter­ge­be­ne füh­ren zu mehr Ter­mi­nen pro Per­son in der jeweils nied­ri­ge­ren Hierarchiestufe.
  2.  „Pati­ent Null“ kann natur­ge­mäß nur genau eine Per­son sein, ich hof­fe aber, der eigent­lich unlo­gi­sche Plu­ral ist an die­ser Stel­le den­noch verständlich.
  3.  Vgl. die­sen Tweet von Lars Rich­ter.
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