Werkzeuge für die Präsentationsgestaltung – hilft mehr Vielfalt wirklich?

Vor eini­gen Wochen ver­öf­fent­lich­te die GfK eine im Auf­trag einer Ham­bur­ger Agen­tur erstell­te Stu­die zur Nut­zung ver­schie­de­ner Prä­sen­ta­ti­ons­pro­gram­me im B2B-Umfeld. Im Fokus der Stu­die lag der Unter­schied zwi­schen Unternehmen, GfK-Studie - Bei der Präsentationsgestaltung fehlt es an Mut und Innovation
die sich bei der Gestal­tung von Prä­sen­ta­tio­nen extern unter­stüt­zen las­sen, und sol­chen, die auf exter­ne Unter­stüt­zung ver­zich­ten – wenig ver­wun­der­lich, ist die auf­trag­ge­ben­de Agen­tur K16 doch genau auf sol­che Unter­stüt­zungs­leis­tun­gen spe­zia­li­siert. Unab­hän­gig davon, wie man zu Auf­trags­stu­di­en die­ser Art steht – eini­ge Ergeb­nis­se sind m. E. erwähnenswert:

  • Micro­soft Power­Point ist der unan­ge­foch­te­ne Markt­füh­rer – ein wenig erstaun­li­ches Ergebnis.
  • Eben­so wenig erstaunt, dass die Nut­zung von Apple Key­note im Fal­le exter­ner Unter­stüt­zung um fast das Drei­fa­che steigt – ist doch Mac OS nach wie vor das bevor­zug­te Betriebs­sys­tem der Kreativbranche.
  • Ein wenig befremd­lich ist die Erwäh­nung von „Bewegtbild/​Film“; hier scheint mir eine Ver­mi­schung der Kate­go­rien vor­zu­lie­gen – um ein „Tool“ i. S. der ande­ren in der Stu­die erwähn­ten Pro­duk­te han­delt es sich m. E. jeden­falls nicht.
  • Noch erstaun­li­cher ist das doch sehr enge Feld der „Kan­di­da­ten“: Mir fal­len schon ganz spon­tan noch eine gan­ze Rei­he wei­te­rer Prä­sen­ta­ti­ons­werk­zeu­ge ein, die hät­ten Erwäh­nung fin­den kön­nen. Lei­der schweigt sich die Pres­se­mit­tei­lung dazu aus, ob z. B. nach Slide­Ro­cket, Hai­ku Deck oder auch Slide­Ma­gic nicht gefragt wur­de oder ob die­se Werk­zeu­ge tat­säch­lich nicht (häu­fig genug) erwähnt wurden.
  • Wirk­lich erstaunt bin ich über den ver­gleichs­wei­se hohen Anteil von Micro­soft Office Sway und ema­ze – vor allem im Ver­gleich zu Pre­zi.
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    Sway (zur Posi­tio­nie­rung von Sway sie­he hier und hier) erschien im Okto­ber 2014 in einer ers­ten Vor­ab­ver­si­on und ist erst seit Juni 2015 – also seit weni­gen Wochen – offi­zi­ell ver­füg­bar; ema­ze star­te­te mit einer ers­ten Beta-Ver­si­on im Juli 2013, ist also nur ein Jahr län­ger auf dem Markt. Pre­zi – der Öffent­lich­keit im Jah­re 2009 erst­mals vor­ge­stellt – ist hin­ge­gen ver­gleichs­wei­se lan­ge auf dem Markt.
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    Allen drei Werk­zeu­gen ist gemein, web-basiert und rela­tiv platt­form­un­ab­hän­gig zu sein – zwei unschätz­ba­re Vor­tei­le, stellt man sich eine (B2B‑)Vertriebsmannschaft vor, mal prä­sen­tie­rend durch die Lan­de zie­hend, mal in Tele­fon­kon­fe­ren­zen und Web­casts vir­tu­ell „unter­wegs“. Der für die Kür­ze der Zeit wirk­lich erstaun­li­che Bekannt­heits­grad von Sway zeigt: Kom­bi­niert man die­se Vor­tei­le mit ver­gleichs­wei­se moder­nen Web-Tech­no­lo­gien, scheint der Erfolg qua­si vor­pro­gram­miert – und das, ohne dass Micro­soft sei­ne Mar­ke­ting-Fähig­kei­ten in die­sem Fall wirk­lich inten­siv genutzt hät­te, Sway ist doch eher „lei­se“ in den Markt ein­ge­führt worden.
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    Pre­zi wird im Ver­gleich zu den bei­den deut­lich jün­ge­ren „Ver­fol­gern“ erstaun­lich wenig genannt, scheint gar gera­de über­holt zu wer­den. Ob dies auf das doch ver­gleichs­wei­se stark vom Para­dig­ma der Folie abwei­chen­de und somit gewöh­nungs­be­dürf­ti­ge Kon­zept oder aber auf den tech­no­lo­gi­schen Rück­stand (zumin­dest der Edi­tor erfor­dert noch Ado­be AIR/​Flash, ledig­lich der View­er setzt inzwi­schen auf Java­Script) zurück­zu­füh­ren ist, sei ein­mal dahingestellt.

Womög­lich spielt bei Pre­zi und auch ganz all­ge­mein vor allem das Alter des Pro­duk­tes eine Rol­le: Es erscheint nicht abwe­gig, anzu­neh­men, dass qua­si jedes neue Prä­sen­ta­ti­ons­werk­zeug anfäng­lich als „Alter­na­ti­ve zu Power­Point“ begeis­tert genutzt wird, die Begeis­te­rung in vie­len Fäl­len aber recht bald der Ernüch­te­rung weicht und häu­fig wie­der auf Power­Point zurück­ge­grif­fen wird – in die­sem Fal­le hät­te jedes neue Prä­sen­ta­ti­ons­pro­dukt einen ver­gleichs­wei­se kur­zen „Hype cycle“ und prak­tisch kein „Pla­teau of Pro­duc­ti­vi­ty“. Die­se Hypo­the­se mag auf den ers­ten Blick zynisch wir­ken; geht man aber davon aus, dass die rhe­to­risch-dia­lek­ti­schen Fähig­kei­ten des Red­ners viel stär­ker über das Prä­sen­ta­ti­ons­er­geb­nis ent­schei­den als die Wahl des Werk­zeu­ges, erscheint die­se Begrün­dung fast zwin­gend: Nach mei­ner Erfah­rung hilft das tolls­te Werk­zeug nicht, falls der Refe­rent schlecht ist – und ande­rer­seits kann ein guter Refe­rent völ­lig unab­hän­gig vom Werk­zeug, womög­lich gar ohne visu­el­le Unter­stüt­zung, einen guten Vor­trag hal­ten. Die Erwar­tungs­hal­tung, mit einem ver­meint­lich bes­se­ren Werk­zeug bes­ser zu prä­sen­tie­ren, einen bes­se­ren Vor­trag zu hal­ten, kann prak­tisch nur ent­täuscht wer­den – der kur­ze „Hype cycle“ neu­er Werk­zeu­ge ist damit vorprogrammiert.

Beson­ders betont die Stu­die, dass durch die Beschrän­kung auf Power­point „Chan­cen ver­passt [wer­den], das eige­ne Unter­neh­men indi­vi­du­ell und krea­tiv zu prä­sen­tie­ren.“​1. Belegt wird durch die vor­lie­gen­den Daten, dass wenig alter­na­ti­ve Werk­zeu­ge genutzt wer­den. Die Fra­ge, ob durch die Nut­zung von Power­Point-Alter­na­ti­ven irgend­et­was bes­ser wird, wird zumin­dest durch die in der Pres­se­mit­tei­lung ver­öf­fent­lich­ten Daten in kei­ner Wei­se behan­delt, scheint nicht ein­mal Gegen­stand der eigent­li­chen Fra­ge­stel­lung gewe­sen zu sein. Hier wur­de eine gefäl­li­ge, aber unbe­leg­te The­se in einer Wei­se mit (ande­re Fra­gen behan­deln­den) Daten ver­mischt, die den Anschein eines Belegs erweckt – aber kei­nes­falls tat­säch­lich belegt.

Ein Unter­neh­men „indi­vi­du­ell und krea­tiv zu prä­sen­tie­ren“​2 ver­mag – geeig­ne­te Inhal­te vor­aus­ge­setzt – vor allem ein authen­ti­scher und über­zeu­gen­der Refe­rent. Steht die­sem noch eine hand­werk­lich gut gestal­te­te Prä­sen­ta­ti­on zur Ver­fü­gung, wird das sicher­lich nicht scha­den, im Gegen­teil. Besteht aber die durch das Publi­kum wahr­nehm­ba­re Indi­vi­dua­li­tät und Krea­ti­vi­tät tat­säch­lich vor allem in der Wahl des Prä­sen­ta­ti­ons­werk­zeugs, ist das ver­mut­lich weit­ge­hend unab­hän­gig von der jewei­li­gen Bran­che im heu­ti­gen Wett­be­werb schlicht zu wenig.

Quel­le des Bil­des: obs/​K16 GmbH

2 Replies to “Werkzeuge für die Präsentationsgestaltung – hilft mehr Vielfalt wirklich?”

  1. Ich selbst benut­ze immer häu­fi­ger Pre­zi, da man die Prä­sen­ta­tio­nen auch sehr gut per Embed-Code über­all ein­bin­den kann, wo man möch­te. Die Soft­ware bie­tet zudem alle wich­ti­gen Fea­tures, die ein Prä­sen­ta­ti­ons­pro­gramm braucht und ist nicht so über­la­den wie PPT. Was mich wirk­lich ver­wun­dert, ist, dass sich bei der Erstel­lung von Pre­zis vie­le Fir­men offen­sicht­lich exter­ne Hil­fe holen. Will mir irgend­wie nicht in den Kopf, wo die Soft­ware doch wirk­lich kin­der­leicht zu bedie­nen ist. Die bes­ten Tools für eine Prä­sen­ta­ti­on sind aber nach wie vor ein guter Prä­sen­ta­tor und ein guter Inhalt.

    • Ich ver­mu­te, dass nicht wegen Pre­zi exter­ne Hil­fe geholt wird, son­dern dass viel­mehr der Exter­ne Pre­zi vor­schlägt und ansons­ten (intern) ein­fach nie­mand auf die Idee kommt, etwas ande­res als Power­Point zu nut­zen. In Sachen „ein­bet­ten“ ist übri­gens auch Sway wirk­lich beein­dru­ckend – vor allem, wenn es um die Dar­stel­lung auf unter­schied­li­chen End­ge­rä­ten geht.

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