Von „Presenter“ zu PowerPoint

Robert Gaskins - Sweating Bullets - Notes about Inventing PowerPointEine der wirk­lich inter­es­san­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen des Jah­res 2012 ist mir offen­bar ent­gan­gen (ich war in dem Jahr augen­schein­lich mit etwas ande­rem beschäf­tigt 😉 ): Robert Gas­kins (<http://​www​.robert​gas​kins​.com>), einer der geis­ti­gen Väter von Micro­soft Power­Point, leg­te mit „Swea­ting Bul­lets“ (im Voll­text kos­ten­los als PDF von sei­ner Web­site oder als [kos­ten­pflich­ti­ges] E‑Book oder „klas­sisch“ gedruck­tes Buch z. B. von Ama­zon) eine stark auto­bio­gra­phisch gehal­te­ne Geschich­te der Ent­ste­hung von „Pre­sen­ter“​1 bzw. Power­Point vor. Auch auf die Gefahr hin, den einen oder ande­ren mit die­ser ver­spä­te­ten Rezen­si­on zu lang­wei­len, kom­me ich nicht umhin, Gas­kins‘ Werk eini­ge Zei­len zu widmen.

Gas­kins gehört zu den Men­schen, die kon­ti­nu­ier­lich Auf­zeich­nun­gen anfertigen​2 – und die­se eben­so wie vie­le wei­te­re Unter­la­gen vor allem auch auf­zu­be­wah­ren. Anders als vie­le ande­re auto­bio­gra­phisch gehal­te­ne Wer­ke basiert Gas­kins‘ Buch dem­entspre­chend nicht auf im Lau­fe der Jah­re mehr oder min­der ver­klär­ten Erin­ne­run­gen, son­dern auf einem gro­ßen Fun­dus bis­her weit­ge­hend unzu­gäng­li­cher Primärquellen​3. „Swea­ting Bul­lets“ ist nicht zuletzt dank die­ser Quel­len die fun­dier­tes­te und umfang­reichs­te Mono­gra­phie zur Geschich­te von Power­Point, aber auch zur Geschich­te des Prä­sen­tie­rens an sich. Vor­trä­ge mit dem Tages­licht-​4 oder gar Dia-Pro­jek­tor mag der eine oder ande­re Leser schon gar nicht mehr erlebt haben – umso inter­es­san­ter ist es jedoch, über die­se Zeit zu lesen und vor allem eine Vor­stel­lung davon zu gewin­nen, wie sich die Para­dig­men die­ser Prä­sen­ta­ti­ons­me­tho­den in der Funk­tio­na­li­tät von Power­Point bis heu­te wiederfinden.

Über das Kern­the­ma „Power­Point“ hin­aus bie­tet das Buch einen (teil­wei­se sehr per­sön­lich gehal­te­nen) Ein­blick in die Arbeit bei einem Start­up Ende der Acht­zi­ger­jah­re, vor allem aber auch über die Arbeit mit und spä­ter bei Micro­soft in die­ser Zeit: Zum Zeit­punkt der Über­nah­me von For­ethought durch Micro­soft (übri­gens die ers­te rele­van­te Fir­men­über­nah­me in der Geschich­te von Microsoft​5) waren die ers­ten Ver­sio­nen von Micro­soft Win­dows in den Start­lö­chern; der Wan­del vom rein text­ba­sier­ten MS-DOS zu gra­phi­schen Benut­zer­ober­flä­chen war im vol­len Gan­ge. Power­Point als die ers­te Anwen­dung, die Gra­fik wirk­lich vor­aus­setz­te, war hier die Rol­le der trei­ben­den Kraft zuge­dacht – ent­spre­chend eng war Gas­kins‘ Zusam­men­ar­beit mit der dama­li­gen Füh­rungs­rie­ge von Micro­soft und ins­be­son­de­re Bill Gates. Gas­kins teilt sei­ne per­sön­li­chen Erin­ne­run­gen an die­se Zeit bereit­wil­lig – und ent­führt den Leser so auf eine hoch­in­ter­es­san­te Zeitreise.

Gas­kins‘ sehr per­sön­li­cher Stolz auf Power­Point und auf sei­nen Bei­trag dazu prägt gro­ße Tei­le des Wer­kes – ein Umstand, der natür­lich auch durch das not­wen­di­ger­wei­se sehr häu­fi­ge „sich selbst zitie­ren“ ver­ur­sacht ist. Vor dem Hin­ter­grund des ohne Zwei­fel gewal­ti­gen kul­tu­rel­len Ein­flus­ses, den Power­Point als das Werk Gas­kins‘ und sei­ner Mit­strei­ter ver­ur­sacht hat, erscheint dies jedoch mehr als nur ver­zeih­lich. Ich habe „Swea­ting Bul­lets“ prak­tisch „am Stück verschlungen“.

Ergän­zend zu Gas­kins‘ Aus­füh­run­gen exis­tiert übri­gens auch eine (deut­lich kür­ze­re) Dar­stel­lung gera­de der (Software‑)​Entwicklungsgeschichte von Power­Point selbst aus Sicht von Den­nis Aus­tin (dem maß­geb­li­chen Ent­wick­ler der ers­ten Ver­si­on) – „Begin­ning of Power­Point: A Per­so­nal Tech­ni­cal Sto­ry“, zu fin­den im Archiv des Com­pu­ter Histo­ry Muse­um unter <http://​www​.com​pu​ter​histo​ry​.org/​c​o​l​l​e​c​t​i​o​n​s​/​c​a​t​a​l​o​g​/102745695>.

Fuß­no­ten:

  1.  Der Name des spä­te­ren Power­Points bis kurz vor der Ver­öf­fent­li­chung der ers­ten Release.
  2.  Eine Marot­te, die ich übri­gens nur all­zu gut ver­ste­hen kann.
  3.  Die sich übri­gens größ­ten­teils auf sei­ner Web­site unter <http://​www​.robert​gas​kins​.com/​p​o​w​e​r​p​o​i​n​t-history/> oder aber auch unter <http://​www​.gbu​wi​zards​.com/> fin­den.
  4.  Zum The­ma „Over­head-“ oder auch „Tages­licht­pro­jek­tor“ bzw. „Poly­lux“ vgl. „Eine Ode an den Poly­lux“.
  5.  Zur Geschich­te von Micro­soft gibt es u. a. eine umfang­rei­che Serie auf „Chan­nel 9“.

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