Die „Annoying PowerPoint Survey“ von Dave Paradi

Alle zwei Jah­re fragt Dave Para­di (<http://​www​.thin​kout​side​thes​li​de​.com>) in sei­ner „Annoy­ing Power­Point Sur­vey“, was Men­schen an Power­Point-Prä­sen­ta­tio­nen am meis­ten nervt – und das bereits zum sieb­ten Mal. Nun könn­te man mei­nen, dass Para­di durch sei­ne kon­ti­nu­ier­li­chen Bemü­hun­gen eine hoch­in­ter­es­san­te Zeit­rei­he zur Ent­wick­lung des Prä­sen­ta­ti­ons­de­signs geschaf­fen hat – das Gegen­teil scheint mir lei­der der Fall. Die Ergeb­nis­se der Umfra­gen von 2015​1 – erst­mals (!) mit einem Dia­gramm ange­rei­chert –, 2013​2, 2011​3, 2009​4, 2007​5 und 2004​6 (älte­re Daten waren online nicht auf­find­bar) unter­schei­den sich wirk­lich nur mar­gi­nal; an Power­Point-Prä­sen­ta­tio­nen stö­ren offen­bar an ers­ter Stel­le drei Din­ge – wobei die Rei­hen­fol­ge der Nen­nun­gen des zwei­ten und des drit­ten Punk­tes sich je nach Umfra­ge unterscheidet:

The spea­k­er read the slides to us (73,8 – 67,4 %)
Text so small I couldn’t read it​7 (50,6 – 45,0 %)
Full sen­ten­ces ins­tead of bul­let points​8 (51,6 – 45,5 %)​9

Die unmit­tel­ba­re Schluss­fol­ge­rung aus die­sen hoch­gra­dig kon­stan­ten Ergeb­nis­sen wäre: Prä­sen­ta­ti­ons­fo­li­en ent­hal­ten häu­fig zu viel Text (stimmt – vgl. hier) in viel zu klei­ner Schrift (stimmt – vgl. hier) und wer­den vom Refe­ren­ten wie von einem Tele­promp­ter vor­ge­le­sen – und das unver­än­dert seit Jahren.

Lei­der (oder zum Glück – andern­falls könn­te man ob des sta­te of the art des Prä­sen­tie­rens in eine kata­to­ni­sche Schock­star­re ver­fal­len) weist Para­dis Umfra­ge m. E. metho­di­sche Schwä­chen auf:

  • Die Stich­pro­be ist pro­ble­ma­tisch gewählt. Die Umfra­ge wird natur­ge­mäß von Men­schen beant­wor­tet, die Para­di auf den ihm zur Ver­fü­gung ste­hen­den (Social Media‑)​Kanälen errei­chen kann – also Men­schen, die sein Blog lesen oder ihm auf Twit­ter fol­gen, kurz: Men­schen, die sich aktiv und kri­tisch mit Prä­sen­ta­ti­ons­ge­stal­tung beschäf­ti­gen. Dass die­se Men­schen bereits auf den aller­ers­ten „bul­let point“ all­er­gisch reagie­ren, ist wenig verwunderlich.
  • Die Fra­ge­stel­lung war min­des­tens in 2015 (an den ande­ren Umfra­gen habe ich nicht teil­ge­nom­men) eine geschlos­se­ne und auf aus­ge­wähl­te aus­schließ­lich nega­ti­ve Aspek­te begrenzt. Die Ant­wort­mög­lich­kei­ten waren zudem nicht unab­hän­gig, son­dern dürf­ten in den meis­ten Fäl­len viel­mehr in einem direk­ten Kau­sal­zu­sam­men­hang ste­hen: Möch­te der Red­ner die Foli­en als Tele­promp­ter benut­zen („The spea­k­er read the slides to us“), benö­tigt er zwangs­läu­fig „full sen­ten­ces“. Dass der Text dann häu­fig „so small I couldn´t read it“ wird, ist wenig über­ra­schend. Es besteht also eine unmit­tel­ba­rer Abhän­gig­keit zwi­schen den Ant­wor­ten – ein und das­sel­be Pro­blem ist auf Platz eins bis drei.

Abge­se­hen von wei­te­ren metho­di­schen Problemen​10 bleibt also vor allem zu ver­mer­ken: Das Ergeb­nis ist dürf­tig und lässt sich in etwa wie folgt zusammenfassen:

Men­schen, die die Ver­öf­fent­li­chun­gen eines Exper­ten für Prä­sen­ta­ti­ons­de­sign lesen, neh­men text­rei­che Prä­sen­ta­tio­nen, die durch den Red­ner von den Foli­en abge­le­sen wer­den, als nega­tiv wahr.

Ich kann nicht behaup­ten, über­mä­ßig ver­wun­dert zu sein.

Möch­ten wir wirk­lich durch Umfra­gen etwas über das Prä­sen­tie­ren ler­nen, müs­sen wir m. E. ande­re Men­schen anders fra­gen. Inter­es­sant wäre es beispielsweise:

  • Pro­du­zen­ten von Prä­sen­ta­tio­nen danach zu fra­gen, wie sie es eigent­lich am liebs­ten hät­ten – und wel­che Sach­zwän­ge sie hindern.
  • Rezi­pi­en­ten von Prä­sen­ta­tio­nen danach zu fra­gen, wel­che Prä­sen­ta­tio­nen sie beson­ders beein­druckt haben, was blei­ben­de Erin­ne­run­gen hin­ter­las­sen hat.

Vor allem aber soll­te man für unver­zerr­te Ergeb­nis­se in ers­ter Linie Men­schen fra­gen, die kei­ne Blogs zum Prä­sen­ta­ti­ons­de­sign lesen – also z. B. nicht unbe­dingt Sie, lie­ber Leser!

Fuß­no­ten:

  1.  <http://​www​.thin​kout​side​thes​li​de​.com/​f​r​e​e​-​r​e​s​o​u​r​c​e​s​/​l​a​t​e​s​t​-​a​n​n​o​y​i​n​g​-​p​o​w​e​r​p​o​i​n​t​-​s​u​r​v​e​y-results/>, archi­viert am 16.10.2015 unter <http://​www​.web​ci​ta​ti​on​.org/6cKFBVza0>. Auch auf SlideSha­re unter <http://​de​.slidesha​re​.net/​t​h​i​n​k​o​u​t​s​i​d​e​t​h​e​s​l​i​d​e​/​r​e​s​u​l​t​s​-​o​f​-​t​h​e​-​2​0​1​5​-​a​n​n​o​y​i​n​g​-​p​o​w​e​r​p​o​int-survey>.
  2.  <http://​ppt​ide​as​.blog​spot​.de/​2​0​1​3​/​1​0​/​i​n​s​i​g​h​t​s​-​f​r​o​m​-​a​u​d​i​e​n​c​e​s​-​r​e​s​u​l​t​s​-​o​f​-2013.html>, archi­viert am 29.09.2015 unter <http://​www​.web​ci​ta​ti​on​.org/6buRhex36> .
  3.  <http://​ppt​ide​as​.blog​spot​.de/​2​0​1​1​/​0​9​/​f​u​l​l​-​r​e​s​u​l​t​s​-​o​f​-​a​n​n​o​y​i​n​g​-​p​o​w​e​r​point.html>, archi­viert am 29.09.2015 unter <http://​www​.web​ci​ta​ti​on​.org/6buRljkVW>.
  4.  <http://​ppt​ide​as​.blog​spot​.de/​2​0​0​9​/​1​0​/​r​e​s​u​l​t​s​-​o​f​-​f​o​u​r​t​h​-​a​n​n​o​y​i​n​g​-​p​o​w​e​r​point.html>, archi­viert am 29.09.2015 unter <http://​www​.web​ci​ta​ti​on​.org/6buRoGCIh>.
  5.  <http://​ppt​ide​as​.blog​spot​.de/​2​0​0​7​/​1​0​/​p​o​w​e​r​p​o​i​n​t​-​t​i​p​-​t​e​x​t​-​h​e​a​v​y​-​s​l​i​d​e​s​-​annoy.html> archi­viert am 29.09.2015 unter <http://​www​.web​ci​ta​ti​on​.org/6buRqAJgk>.
  6.  Update 17.10.2015: Die Ergeb­nis­se aus 2004 fin­den sich zitiert in: <https://​www​.xing​.com/​c​o​m​m​u​n​i​t​i​e​s​/​p​o​s​t​s​/​b​e​s​s​e​r​-​p​r​a​e​s​e​n​t​i​e​r​e​n​-​1000095859>.
  7.  2015: „Text too small to read“.
  8.  2015: „Full sen­ten­ces for text“.
  9.  Nach Para­di, Dave, ebenda.
  10.  Bei­spiels­wei­se wur­den zumin­dest in 2015 kei­ne rele­van­ten sozio­de­mo­gra­fi­schen Infor­ma­tio­nen erho­ben, die einen Ver­gleich der Stich­pro­be mit den Stich­pro­ben der Vor­jah­re, eine Nor­mie­rung über die Jah­re oder eine Dis­kus­si­on ihrer Reprä­sen­ta­ti­vi­tät ermög­li­chen könnten.

2 Replies to “Die „Annoying PowerPoint Survey“ von Dave Paradi”

  1. Wenn ich die Prä­sen­ta­ti­on auf Slidesha­re betrach­te, die der Autor der Umfra­ge Dave Para­di erstellt hat, fal­len mir zwei Din­ge auf:
    1. Es wur­den 435 Fra­ge­bö­gen aus­ge­füllt. Das ist schon bes­ser als manch ande­re Umfra­ge, aber immer noch weit ent­fernt von „reprä­sen­ta­tiv“. Und dar­aus all­ge­mein gül­ti­ge Schlüs­se zu zie­hen, hal­te ich schon für gewagt.
    2. Sei­ne eige­ne Prä­sen­ta­ti­on steht im Gegen­satz zu den eige­nen Erkennt­nis­sen: Sie ist sei­ten­wei­se vol­ler Text und lang­wei­lig! Auch wenn sie zum Selbst­le­sen gedacht ist, das geht viel besser.

    • In der Tat, die Grö­ße der Stich­pro­be ist wenig beein­dru­ckend. Viel pro­ble­ma­ti­scher fin­de ich aber ihre Aus­wahl und die (man­gels dafür erho­be­ner Daten auf jeden Fall) feh­len­de Normierung.

      Was die Text­las­tig­keit angeht, fin­de ich die­se für ein „Slide­doc“ (vgl. hier; nichts ande­res ist sei­ne „Prä­sen­ta­ti­on“) nor­mal. Irri­tie­rend fin­de ich viel­mehr die weit­ge­hend feh­len­de visu­el­le Auf­be­rei­tung der Daten im Blog-Arti­kel selbst – das ist für jeman­den, der sich u. a. „Daten­vi­sua­li­sie­rung“ als The­ma auf die Fah­ne geschrie­ben hat, in der Tat ein wenig erstaun­lich. Ich nei­ge ja selbst zu reich­lich text­las­ti­gen Ver­öf­fent­li­chun­gen – ein Blog ist im Gegen­satz zu bspw. einer Prä­sen­ta­ti­on nun ein­mal ein vor­ran­gig schrift­sprach­li­ches Medi­um –, hät­te in die­sem Fall aber sicher­lich einen „visu­el­le­ren“ Arti­kel verfasst. 

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